02/08/2018

So geht es nicht weiter, liebe Bauern!


Lebensmittel zu erzeugen, bleibt auch für eine Gesellschaft existenziell, die sich davon weitestgehend entfremdet hat. Wo Dürren, Fluten und Stürme immer dichter aufeinander folgen und es teils seit Monaten nicht mehr regnet, da geht das Risiko über zumutbare Witterungsschwankungen hinaus. Schon jetzt stehen viele Betriebe angesichts niedriger Preise und hoher Ausgaben für Betriebsmittel oder artgerechte Ställe mit einem Bein im Aus. So viele Bauern wie in den letzten fünf Jahren haben seit den Sechzigerjahren nicht aufgegeben. Wer auf dem Land noch Vielfalt erhalten will, der muss verhindern, dass sich das Höfesterben infolge der Klimakrise noch weiter beschleunigt.
Möglichen Nothilfeprogrammen würden die Bürger allerdings wohl noch lieber zustimmen, ginge es der Bauernlobby, die sich selbst "an der Frontlinie des Klimawandels" sieht, dort nicht vor allem um ihre eigenen Interessen; übernähme sie zugleich mehr Verantwortung für das klimapolitische Ganze. Die Energiewende stockt, die Verkehrs- und Wärmewende bleiben so gut wie aus – doch Kritik an einer Bundesregierung im klimapolitischen Backlashmodus hört man vom Bauernverband selten.

Nur halbherzige Klimastrategie

Außerdem ist die Landwirtschaft keineswegs nur Opfer des Klimawandels, sondern zugleich Teil des Problems. Sie verursacht rund acht Prozent der deutschen Treibhausgasemissionen, in Verbindung mit dem gesamten Lebensmittelsystem sogar noch viel mehr. Zwar hat der DBV vor Kurzem seine Klimastrategie aus dem Jahr 2010 fortgeschrieben. Doch auch sie dokumentiert eine Politik des Aufschubs.
Das erkennt man schon daran, dass die Emissionsminderungsziele, die bis zum Jahr 2020 angestrebt waren, auf 2025 verschoben werden mussten. Die schöne Formulierung dafür lautet, dass eine "Streckung der Zeiträume erforderlich" sei. Jenseits dessen setzt der DBV vor allem darauf, mithilfe neuer Technologien energieintensiv erzeugte Dünge- und Spritzmittel einzusparen. Wenn aber zugleich mehr produziert wird, dann könnte sich der erzielte Einspareffekt auch wieder verringern.

Zeit für Innovationen für den DBV

Und: Jeder tiefer gehende Wandel wird vermieden – allem voran die Abkehr von der Exportorientierung bei Milch und Fleisch. An der Massenproduktion tierischer Erzeugnisse hält der DBV fest, obwohl ihr mehr als die Hälfte der Klimagasemissionen der Landwirtschaft zugeschrieben werden. Ähnlich beim Ackerbau: Da würde ein systematischer Humusaufbau mit Methoden des Biolandbaus nicht nur helfen, Nährstoffe und Wasser besser im Boden zu halten; ein guter Boden speichert auch große Mengen CO2. Oder: Agroforstsysteme, bei denen Bäume und Sträucher gemeinsam mit unterschiedlichen Früchten auf dem Feld wachsen, kühlen das Mikroklima und halten ebenfalls mehr Feuchtigkeit.
Für solche einschneidenden Neuerungen allerdings engagieren sich zumindest die Funktionäre des DBV höchstens mal halbherzig. So zeigen die aufgerissenen Felder und vergilbten Wiesen dieses Hitzesommers: Es ist höchste Zeit, dass die Bauern endlich im Präsens ankommen. Damit sie eine Zukunft haben. Sie und wir.