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Bioökonmie - die Antwort auf das weltweite Ernährungsproblem?
"Bioökonomie ist die Antwort auf die zentralen Fragen
des 21. Jahrhunderts. Diese Herausforderungen sind Ernährungssicherung,
die Versorgung mit regenerativen Rohstoffen und der Schutz der
natürlichen Ressourcen."
Das klingt nach einer gewaltigen Aufgabe, aber auch ein
wenig so, als sei einfach alles in einen Topf geworfen worden, was
irgendwie mit der Verarbeitung von Pflanzen zu tun hat. Und tatsächlich,
ganz neu ist sie nicht, die Bioökonomie, sagt Joachim von Braun,
Professor an der Uni Bonn und seit 2012 Chef des Bioökonomierats, der
die Bundesregierung berät.
"Die Bioökonomie ist eigentlich uralt, aber eben auch
brandneu. Bioökonomie ist zum Beispiel Brot backen mit Hefe oder Bier
brauen, tun wir seit Jahrtausenden. Aber das nagelneue an der
Bioökonomie, die wir jetzt haben, sind die Einbeziehung neuen
biologischen Wissens, neuer Technologien, Verarbeitungstechnologien, die
auch zu völlig neuen Produkten führen."
Tatsächlich also ist Bioökonomie irgendwie das, was
Menschen schon immer gemacht haben, nur ein wenig anders. Etwas
nüchterner wird es, wenn man die Praktiker fragt, den Verband der
Chemischen Industrie zum Beispiel. Ricardo Gent ist dort Geschäftsführer
der Deutschen Industrievereinigung Biotechnologie.
"Es geht darum, nachwachsende Rohstoffe zu verarbeiten,
in alle möglichen Richtungen, die sogenannte stoffliche Verwertung oder
eben die energetische Verwertung. Die älteste Form der Bioökonomie ist
im Übrigen die Landwirtschaft."
Und in einem Punkt sind sich Industrie und
Umweltschützer ungewöhnlich einig: Beide begrüßen, dass bei der
Bioökonomie alles berücksichtigt werde, vom Anbau der Rohstoffe bis zu
ihrer Verwertung, vom Lebensmittel- bis zum Chemiesektor. Steffi Ober
kümmert sich beim Naturschutzbund NABU um nachhaltige Forschungspolitik.
"Wir wollen die fossilen Brennstoffe im Boden lassen
aus klimapolitischen Gründen und natürlich muss man sich dann Gedanken
machen, wie kann man diese Rohstoffe ersetzen, woher bekommt die
Chemieindustrie ihre Rohstoffbasis, die Energieindustrie ihre Basis und
natürlich auch die Ernährung und die Landwirtschaft. Wie werden dann die
Flächen verteilt, das ist die riesengroße Frage. Und insofern sehen wir
auch eine Chance in der Bioökonomie, das zusammen zu denken und einmal
alles auf den Tisch zu packen, was von der Fläche überhaupt gewonnen
werden soll."
Bioökonomie fasst alle Industrien und
Wirtschaftssektoren zusammen, die biologische Rohstoffe nutzen, also
Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen. Dazu gehören neben der
naheliegenden Land- und Forstwirtschaft, der Fischerei und der
Nahrungsmittelwirtschaft auch die Chemieindustrie, die Energieversorgung
und die Biotechnologie, zu der auch die Gentechnik in ihren
verschiedenen Ausführungen zählt. Auch die Autoindustrie oder der
Bausektor spielen eine wichtige Rolle. Ziel ist, zumindest langfristig,
die Grundlage der Wirtschaft umzustellen auf Biomasse – und diese
nachwachsenden Rohstoffe effizienter zu nutzen. Darunter fällt viel –
vom Kerosin, das eines Tages aus Algen gewonnen werden soll, bis zu den
Enzymen, die das Brot im Supermarkt länger haltbar machen.