21/05/2018

INTERVIEW MIT BEE-PRÄSIDENTIN SIMONE PETER



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Infoliste für Mitglieder und Interessierte des Kreisverband Plön - Bündnis 90/Die Grünen 
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INTERVIEW MIT BEE-PRÄSIDENTIN SIMONE PETER (TEIL 1)

PETER: "EIN ENERGIEWENDE-LAND KANN KEIN KOHLE-LAND SEIN"

14.05.2018 - 17:15 
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BEE-Präsidentin Simone Peter verlangt einen Platz für die Erneuerbaren in der Strukturkommission für den Kohleausstieg.
BEE-Präsidentin Simone Peter verlangt einen Platz für die Erneuerbaren in der Strukturkommission für den Kohleausstieg. (Foto: Laurence Chaperon) 
Berlin (energate) - Die Präsidentin des Bundesverbandes Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, fordert für die Erneuerbarenbranche einen Sitz in der Kohlekommission. Sie verlangt im Interview mit energate, 7.000 MW Kohlekapazitäten abzuschalten und den Strukturwandel sozial und wirtschaftlich einzubetten. 

energate: Frau Peter, was sind Ihre Erwartungen an die sogenannte Kohle-Kommission?

Peter: Wir erwarten vor allem, dass die Kommission zügig ihre Arbeit aufnimmt und die verschiedenen Akteursgruppen vertreten sind. Es geht darum, einen planbaren Kohleausstieg zu organisieren, der eine breite gesellschaftliche Akzeptanz findet. Wichtig ist, dass die Kommission das Klimaziel für 2020 noch anvisiert - als Grundlage für die weiteren Zwischenziele und als Signal: Jetzt geht es los! Es muss gelingen, den Strukturwandel gemeinsam mit den Menschen in den Regionen zu organisieren und den Weg von den fossilen zu den erneuerbaren Energien aufzuzeigen.

energate: Die Erneuerbaren-Branche beansprucht also einen Platz in der Kommission?

Peter: Ja! Die Erneuerbaren-Branche muss da selbstredend eingebunden sein. Durch unsere Spartenverbände und Akteure begleiten wir schon jetzt ganz konkret den Umbau in den Regionen. Es wäre klug, dieses ökonomische Know-how zu nutzen.

energate: Wirtschaftsminister Peter Altmaier erklärte jüngst, die Kohleverstromung müsse bis 2030 um 50 Prozent schrumpfen, um die langfristigen Klimaziele zu erreichen. Reicht das?

Peter: Ein Energiewende-Land kann kein Kohle-Land sein. In den nächsten Jahren müssen die Weichen für die Klimaschutzziele 2030 und 2050 gestellt werden und die Koalition will 65 Prozent Ökostrom bis 2030 erreichen. Da braucht es einen ambitionierten Kohleausstieg in einer Größenordnung von mindestens 7.000 Megawatt bis 2020. Die Versorgungssicherheit bleibt dabei gewährleistet, weil mehr Ökostrom dazukommt, ebenso Speicher, Netzausbau und die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr. Außerdem sind wir in den europäischen Binnenmarkt eingebunden.

energate: Sie wollen über 7.000 MW Kohle abschalten: Denken Sie da an Ordnungsrecht oder ein Zückerchen für die Kraftwerksbetreiber?

Peter: Die Zeit drängt. Das erste Halbjahr kann vorbei sein, bevor sich die Kommission konstituiert hat. Aber es muss frühzeitig für alle Akteure klar sein, welche Richtung die Große Koalition einschlägt. Auf das Ordnungsrecht können wir nicht verzichten, um den Ausstieg rechtssicher zu organisieren; das lehrt uns der Atomausstieg. Der BEE schlägt neben den Abschaltungen vor, die vorläufig verbleibenden Kraftwerke über ein Volllaststunden-Modell zu begrenzen, das die Betreiber flexibel bewirtschaften können.

energate: Minister Altmaier betonte, dass Ostdeutschland wirtschaftlichen Nachholbedarf hat. Das klingt, als sollten zuerst die Braunkohle-Kraftwerke im Rheinland vom Netz. Ist das sinnvoll?

Peter: Die dreckigsten Kraftwerke müssen zuerst vom Netz, sonst verfehlen wir die Klimaziele 2020 krachend. Energiewirtschaftlich ist es vorteilhaft, zuerst in der Lausitz rauszugehen, weil dort die Entlastung beim Redispatch am größten ist. Aber letztlich muss man sich alle Kohle-Regionen anschauen und den Strukturwandel sozial, ökologisch und ökonomisch begleiten.
 
INTERVIEW MIT BEE-PRÄSIDENTIN SIMONE PETER (TEIL 2)

PETER: "30 EURO PRO TONNE WÄRE EIN CO2-PREIS, DER ANREIZE SETZT"

14.05.2018 - 17:14 
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BEE-Präsidentin Peter fordert einen angemessenen Preis für CO2.
BEE-Präsidentin Peter fordert einen angemessenen Preis für CO2. (Foto: Colourbox) 
 
Berlin (energate) - Im zweiten Teil des energate-Gesprächs fordert BEE-Präsidentin Peter ein Kohle-Moratorium während der Arbeit der Strukturwandel-Kommission. Sie empfiehlt der Kommission überdies, das Instrument einer CO2-Bepreisung zu prüfen und die Erneuerbaren als Baustein beim Strukturwandel zu nutzen.

energate: Frau Peter, die Umweltverbände fordern ein Kohle-Moratorium, solange die Strukturwandel-Kommission arbeitet. Minister Altmaier will das nicht. Was meinen Sie dazu?

Peter: Ich halte ein Moratorium für notwendig. Es handelt sich um einen für alle beteiligten Akteure sensiblen Prozess. Da ist es kontraproduktiv, wenn parallel Genehmigungsprozesse für Kohle-Projekte laufen und Fakten geschaffen werden.

energate: Sollte die Kommission das Thema CO2-Bepreisung aufrufen?

Peter: Bei Klima- und Energiewissenschaftlern besteht breite Einigkeit, dass fossile Energieträger endlich einen angemessenen Preis bekommen müssen - und zwar auch jenseits des europäischen Emissionshandels, um sauberen Energieträgern wie den erneuerbaren Energien einen Vorteil zu verschaffen und damit CO2-Emissionen zu vermeiden. Ein regionaler CO2-Mindestpreis oder eine nationale CO2-Steuer erlauben im Gegenzug eine kompensierende Stromsteuerentlastung und auch die EEG-Umlage sinkt. Etwa 30 Euro pro Tonne CO2 wäre nach Berechnungen des BEE ein CO2-Preis, der richtige Anreize setzt.

energate: Offiziell heißt die Kohle-Kommission ja Kommission für Strukturwandel, Wachstum und Beschäftigung. Das fordert auf mitzudenken, was nach der Kohle kommt. Was haben die Erneuerbaren hier zu bieten?

Peter: Ich wünsche mir, dass die neuen ökonomischen Möglichkeiten für die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen diskutiert werden, ohne die soziokulturellen Fragen hintanzustellen. Nur dann ist die Akzeptanz für den Veränderungsprozess vorhanden. Das heißt, dass die Akteure vor Ort als Kenner der regionalen Zusammenhänge konkret mitgestalten und der Ausstieg die Schaffung neuer Arbeitsplätze und lokaler Wertschöpfung beinhaltet. Die Erneuerbaren haben hierbei viel zu bieten, was sich in den vergangenen Jahren an der steilen Entwicklung gezeigt hat. Oft sind die Industrieregionen für die Erneuerbaren zudem infrastrukturell prädestiniert, zum Beispiel was die Netzdichte oder verfügbare Flächen angeht. Es ist einfacher, vorhandene Netze zu ertüchtigen, als neue zu bauen. Diese Netze können in Kombination mit Erneuerbaren-Anlagen und Speichern ganz neue Möglichkeiten eröffnen. So geht Innovation!

energate: Verlangen Sie Modellregionen oder Sonderausschreibungen für Erneuerbaren-Projekte in den Strukturwandel-Regionen?

Peter: Bei den Ausschreibungen müssen die Mengen grundsätzlich signifikant erhöht und an die Klimaziele angepasst werden. Die Deckel im EEG gehören geöffnet. Das wird die Energiewende bundesländerübergreifend voranbringen und damit auch den Regionen helfen. Es ist völlig kontraproduktiv, dass der Süden und der Südwesten, in denen die Verbrauchszentren liegen, in den vergangenen Ausschreibungsrunden weitgehend ausgespart waren. Überdies ist ein gut ausgestatteter Strukturwandelfonds notwendig, um neue Entwicklungen zu begleiten.
 
INTERVIEW MIT BEE-PRÄSIDENTIN SIMONE PETER (TEIL 3)

PETER: "INVESTITIONEN SOLLTEN SICH AM KLIMASCHUTZ ORIENTIEREN"

14.05.2018 - 17:13 
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Die Erneuerbaren übernehmen zusehends die Rolle der Fossilen, sagt Peter.
Die Erneuerbaren übernehmen zusehends die Rolle der Fossilen, sagt Peter. (Foto: RWE AG/Jörg Mettlach) 
 
Berlin (energate) - BEE-Präsidentin Simone Peter fordert im dritten Teil des energate-Gesprächs einen forcierten Erneuerbaren-Ausbau. Außerdem müssten ihrer Ansicht nach die Ankündigungen der Großen Koalition für den Wärmemarkt dringend mit Maßnahmen unterlegt werden.

energate: Frau Peter, Sie sagen: "Erneuerbaren-Volumen erhöhen und Deckel weg!" Gilt das um jeden Preis?

Peter: Schauen Sie sich die Lernkurve der erneuerbaren Energien an: Die Kosten sind rapide gesunken, sie sind inzwischen wettbewerbsfähig mit fossil betriebenen Anlagen. Es ergibt weder aus ökonomischen noch aus ökologischen Gründen einen Sinn, dem Ausbau der Erneuerbaren einen künstlichen Deckel zu verpassen. Nötig ist ein Masterplan, der den Ausstieg aus Kohle und Atom mit dem Ziel 100 Prozent Erneuerbare Energien verbindet und dabei Speicherlösungen, Netzertüchtigung und Sektorenkopplung berücksichtigt. Die Investitionen werden nur einmal ausgegeben, und sie sollten sich am Klimaschutz orientieren.

energate: Die fossilen Energie stehen für Versorgungssicherheit. Mit welchem Angebot gehen die Erneuerbaren hier in die Kommission?

Peter: Die Erneuerbaren sind mit 36 Prozent bereits die zentrale Säule der Stromversorgung und der Anteil wird weiter wachsen. Trotzdem sind in keinem anderen Land die Versorgungsunterbrechungen so gering wie in Deutschland. Jetzt geht es darum, im Rahmen eines weiter entwickelten Strommarkt-Designs, das auf Flexibilitätsoptionen setzt, die fluktuierenden Erneuerbaren-Quellen Wind und Solar mit flexibel zuschaltbaren Quellen wie der Bioenergie, Geothermie oder Wasserkraft sowie Speichern intelligent zu verbinden. Wichtig ist darüber hinaus, Lastmanagement sowie Netzoptimierung und -ausbau voranzubringen und gleichzeitig den Ausstieg aus der Kohle zu organisieren

energate: Was erwarten Sie von der Regierung bei der Wärmwende?

Peter: Da benötigen wir zunächst eine Konkretisierung des Koalitionsvertrages. Es ist unklar, mit welchen Maßnahmen zeitnah die Sektorenziele des Klimaschutzplans und der noch ambitionierteren Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden sollen. Bisher hat es hier kaum Effizienzgewinne gegeben. Wir bräuchten eigentlich eine Gebäudesanierungsrate von drei Prozent im Jahr. Das wäre ein riesiges Anreizprogramm für das Handwerk. Hierzu sollte das Gebäudeenergiegesetz auf den Weg gebracht werden, das Energieeinsparverordnung, Erneuerbare-Wärmegesetz und Energieeinspargesetz integriert. Die Förderung rein fossil betriebener Heizungen sollte endlich beendet werden.

energate: Sie befürworten bei Sanierung und Neubau eine Quotenregelung?

Peter: Die Sanierungsrate muss sich an den Sektorzielen für den Klimaschutz orientieren, welche wiederum an den Zielsetzungen des Pariser Klimaschutzabkommens ausgerichtet werden müssen. Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, Erneuerbare-Energien-Technologien einzusetzen, sei es Solarthermie, Pellets, Biogas oder Wärmepumpen. Die Preise für Wärme müssen perspektivisch die Klimaschädlichkeit fossiler Energien abbilden, sodass die Erneuerbaren im Verhältnis noch günstiger werden. Deswegen plädieren wir für eine CO2-Bepreisung in Form einer CO2-Steuer mit Rückerstattungsmodell für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen.
 



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