Quelle: Newsletter Die Zeit
Es war irgendwie zu erwarten. Während in der ersten
Bürgerschaftssitzung nach der Wahl die Oppositionsfraktionen den Tag der
Abrechnung mit der SPD einläuteten, zeigte sich Bürgermeister Olaf Scholz
unverändert selbstsicher. Dabei ließen seine Gegner kaum ein gutes Haar an
ihm: Die FDP bezeichnete ihn als »Nebenerwerbsbürgermeister«, der
in Hamburg lediglich den Stillstand verwalte. Die CDU lastete ihm die
schwersten Verluste für die Sozialdemokraten bundesweit an und forderte einen
»politischen Neustart«, vor allem in Stilfragen: weniger Selbstzufriedenheit,
weniger Talkshows, mehr Einsatz für die Hamburger Stadtteile. Die
Linke sprach ihm gar die Glaubwürdigkeit als Sozialdemokrat ab: Hamburg
sei die Hochburg der Altersarmut, nirgends gebe es so viele
Langzeitarbeitslose. »Wo genau war jetzt Ihre Fehleranalyse?«, schimpfte
die Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus. »Ein bisschen Demut stünde
Ihnen gut.« Das meiste perlte freilich ab an Olaf Scholz. Bei sozialem
Wohnungsbau und Kitaausstattung sei Hamburg europaweit führend, sagte er,
Straßen, S- und U-Bahnen würden ausgebaut wie seit Jahrzehnten nicht. Die Grünen
stärkten ihm den Rücken und schoben noch einen Rückgang der Straftaten in
Hamburg, neue Radwege und schnellere Kundenzentren hinterher. All das habe die
Stadt seinem Senat zu verdanken, betonte Scholz: »Das, was wir auf den Weg
bringen, wird auch Realität.« Nur der Vorwurf der CDU, es fehle an einem
gesamtstädtischen Konzept, brachte den Bürgermeister auf die Palme: Die Pläne
für den Kleinen Grasbrook, den Billebogen und die HafenCity zeigten genau das
Gegenteil. Gelassen dagegen gab sich die AfD: Nachdem der neue Parteichef
Alexander Wolf die geschlossenen Tore im Hamburger Stadtwappen beschworen
und die Schließung der Roten Flora gefordert hatte, schwelgte
Fraktionschef Jörn Kruse so lange im Triumph der Bundestagswahl, dass für
konkrete politische Aussagen keine Zeit mehr blieb. Kurz darauf zogen ihm die
anderen Parteien jedoch schon wieder den Stöpsel: Die von der AfD beantragte
»Studie zur Soziologie der linken Gewalttäter in Hamburg« wurde mit großer
Mehrheit abgeschmettert.