28/09/2017

Wahlverlierer? Wo denn?! Hamburg

Quelle: Newsletter Die Zeit

Es war irgendwie zu erwarten. Während in der ersten Bürgerschaftssitzung nach der Wahl die Oppositionsfraktionen den Tag der Abrechnung mit der SPD einläuteten, zeigte sich Bürgermeister Olaf Scholz unverändert selbstsicher. Dabei ließen seine Gegner kaum ein gutes Haar an ihm: Die FDP bezeichnete ihn als »Nebenerwerbsbürgermeister«, der in Hamburg lediglich den Stillstand verwalte. Die CDU lastete ihm die schwersten Verluste für die Sozialdemokraten bundesweit an und forderte einen »politischen Neustart«, vor allem in Stilfragen: weniger Selbstzufriedenheit, weniger Talkshows, mehr Einsatz für die Hamburger Stadtteile. Die Linke sprach ihm gar die Glaubwürdigkeit als Sozialdemokrat ab: Hamburg sei die Hochburg der Altersarmut, nirgends gebe es so viele Langzeitarbeitslose. »Wo genau war jetzt Ihre Fehleranalyse?«, schimpfte die Linken-Abgeordnete Sabine Boeddinghaus. »Ein bisschen Demut stünde Ihnen gut.« Das meiste perlte freilich ab an Olaf Scholz. Bei sozialem Wohnungsbau und Kitaausstattung sei Hamburg europaweit führend, sagte er, Straßen, S- und U-Bahnen würden ausgebaut wie seit Jahrzehnten nicht. Die Grünen stärkten ihm den Rücken und schoben noch einen Rückgang der Straftaten in Hamburg, neue Radwege und schnellere Kundenzentren hinterher. All das habe die Stadt seinem Senat zu verdanken, betonte Scholz: »Das, was wir auf den Weg bringen, wird auch Realität.« Nur der Vorwurf der CDU, es fehle an einem gesamtstädtischen Konzept, brachte den Bürgermeister auf die Palme: Die Pläne für den Kleinen Grasbrook, den Billebogen und die HafenCity zeigten genau das Gegenteil. Gelassen dagegen gab sich die AfD: Nachdem der neue Parteichef Alexander Wolf die geschlossenen Tore im Hamburger Stadtwappen beschworen und die Schließung der Roten Flora gefordert hatte, schwelgte Fraktionschef Jörn Kruse so lange im Triumph der Bundestagswahl, dass für konkrete politische Aussagen keine Zeit mehr blieb. Kurz darauf zogen ihm die anderen Parteien jedoch schon wieder den Stöpsel: Die von der AfD beantragte »Studie zur Soziologie der linken Gewalttäter in Hamburg« wurde mit großer Mehrheit abgeschmettert.