http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/voegel/vogelgrippe/17427.html
Auffälligerweise ist bisher noch kein Fall bekannt geworden, in dem
Nutzgeflügel aus Freilandhaltung oder kleinen Privathaltungen betroffen
war, obwohl diese besonders leicht mit Wildvögeln in Kontakt kommen
können. Zwei Erklärungen sind denkbar: Wildvögel sind nicht die
entscheidenden Überträger des Virus oder das Immunsystem der Nutztiere
aus diesen Haltungen funktioniert eher wie das der Wildvögel als das der
Vögel aus industrieller Masttierhaltung, so dass diese Vögel nur eine
geringe Mortalität aufweisen.
Entscheidend für das Verständnis der
Situation ist auch, dass die Mortalität von infizierten Wildvögeln bei
H5N8 lediglich bis 20% beträgt, bei infiziertem Hausgeflügel in
industriellen Mastanlagen jedoch 100%, ohne dass eine Mutation des Virus
vorliegt. Dies ist ein entscheidender Unterschied zur durch H5N1
verursachten Vogelgrippe von 2006, bei der auch Wildvögel sehr schnell
nach der Infektion verstarben und so das Virus nur in toten, aber nicht
in lebenden Wildvögeln nachgewiesen werden konnte.
Damit ist – entgegen der vorherigen Einschätzung des NABU
– ein aktiver Eintrag des Virus von Ostasien nach Westeuropa durch
infizierte aber nicht erkrankte Wildvögel innerhalb einer Vogelzugsaison
zumindest theoretisch möglich. Einige Vogelarten mit Brutgebieten in
Ostsibirien überwintern sowohl in Korea als auch in Westeuropa, darunter
Zwergschwäne, Saatgänse und Krickenten. Die beiden unterschiedlich
ziehenden Populationen treffen sich im Sommer in überlappenden
Brutgebieten.
Unabhängig von der Quelle der Infektionen ist nun
klar, dass gegenseitige Infektionen zwischen Wildvögeln und Nutzgeflügel
zu einer weiteren Ausbreitung des Virus und damit auch zu einer
Gefährdung der Wasservogelbestände führen können.
Daher müssen
Wildvögel wie Nutzgeflügel vor gegenseitigen Ansteckungen geschützt
werden. Dazu sind strikte Bio-Sicherheitsmaßnahmen für alle
industriellen Nutzgeflügelbetriebe umzusetzen, wie geeignete
Abluftanlagen, geordnete Entsorgung von Abfallstoffen und Abwässern,
sowie der obligatorische Transport von Tieren in geschlossenen LKW.
Entsprechende Betriebe dürfen in Zukunft nicht mehr in
Konzentrationsgebieten von Wildvögeln genehmigt werden.
Gleichzeitig
erscheint es vor dem Hintergrund derzeitiger Erkenntnisse nicht
zielführend, entsprechende Maßnahmen von kleinen Freilandhaltungen zu
fordern. Statt den Kontakt von Hühnern, Enten und Gänsen aus diesen
Haltungen mit Wildvögeln zu verhindern, sollte dafür gesorgt werden,
dass sie keinen Kontakt mit industriellen Mastanlagen haben können. Das
durch die Massentierhaltung entstandene Problem der geringen
Krankheitsresistenz, darf nicht zu Lasten der Betriebe gelöst werden,
die Nutzgeflügel unter artgerechteren Bedingungen halten.