03/09/2014

NABU Newsletter

Berlin, 03. September 2014

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Gewinnung von Erdgas mittels Fracking birgt erhebliche Gefahren und Risiken für Mensch, Natur und Trinkwasser. Die große Koalition hat diese erkannt. Nun kommt es darauf an, wie die Politik die Gefahren und Risiken tatsächlich bannen will. Das Eckpunktepapier aus den zuständigen Bundesministerien lässt allerdings nichts Gutes erahnen. Zu viele rechtliche Schlupflöcher und Ausnahmen belegen, dass der öffentliche Druck auch durch den NABU auf die Politik weiter wachsen muss, um die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ausreichend ernst zu nehmen.

Dass in vielen Fällen Durchhaltevermögen gefragt ist, das dann auch zu Erfolgen führt, zeigt sich in der Arbeit des NABU zur Umweltverträglichkeit der Kreuzschifffahrt. Unsere seit 2011 laufende Kampagne führt zu ersten Reaktionen in der Kreuzfahrtbranche, wobei auch hier weiterhin ein langer Atem notwendig sein wird, um wirklich nachhaltige Veränderungen herbeizuführen. Überwiegend wird in der Branche bei Neubauten leider noch immer auf umweltschonende Abgastechnik verzichtet. In Anbetracht der gewaltigen Gesamtinvestitionen ist es nicht verständlich, dass hier an der falschen Stelle gespart wird. Diese Beispiele zeigen uns, dass Engagement immer langfristig ausgelegt sein muss und die Herbeiführung von Änderungen zwar eine langwierige, aber dennoch lohnende Aufgabe ist.

Ihr Leif Miller
NABU-Bundesgeschäftsführer



Inhalt

1. Gabriel und Hendricks legen Eckpunkte zum Thema Fracking vor
2. NABU-Kreuzfahrtranking 2014: Es kommt Bewegung in den Kreuzfahrtmarkt
3. Rechtsgutachten bestätigen: Keine rechtlichen Hindernisse für eine Getränkeverpackungssteuer
4. NABU startet Projekt zum Kiebitzschutz - Empfehlungen für erfolgreichere Agrarumweltpolitik vorgesehen
5. Wie viele Maispollen fressen Schmetterlingsraupen und wie hoch sind Gewässer mit gentechnisch veränderten Maispollen belastet?
6. Dialogreise für Meere ohne Plastik

NABU-Zahl des Monats September:
200 Müllteile auf 100 Metern Strand - Zuviel Plastik landet in der Umwelt



Aktuelle Terminhinweise

Offenes Forum zum Fitness-Check der EU-Naturschutzrichtlinien
Mittwoch, 10. September 2014, Mainz
Weitere Informationen zum Deutschen Naturschutztag

NABUtalk: Auf dem Weg zur Wärmewende?
Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und Nationaler Aktionsplan Energieeffizienz
Donnerstag, 09. Oktober 2014, Berlin
Zur Anmeldung

1. Gabriel und Hendricks legen Eckpunkte zum Thema Fracking vor

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Bundesumweltministerin Dr. Barbara Hendricks haben sich noch vor der Sommerpause auf Eckpunkte zur umstrittenen Förderung von Erdgas aus konventionellen und unkonventionellen Lagerstätten geeinigt. In einem Schreiben an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion teilten sie mit, voraussichtlich noch im September ein Regelungspaket vorlegen zu wollen, das dem Schutz von Gesundheit und Trinkwasser Priorität einräume. Fracking zur Förderung von Schiefer- und Kohleflözgas solle es zu wirtschaftlichen Zwecken bis 2021 in Deutschland nicht geben.

Der NABU forderte beide Minister allerdings auf, alle rechtlich notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, Gefahren und Risiken für Mensch, Natur und Trinkwasser auszuschließen. Statt einer "Lex Niedersachsen" und eines Fracking-Moratoriums auf Zeit braucht es aus NABU-Sicht ein dauerhaftes Fracking-Verbot, und zwar in allen Lagerstätten, ob konventionell oder unkonventionell. Auch müssen die Förderung von Tight-Gas sowie der Einsatz der Fracking-Technologie in konventionellen Lagerstätten verboten werden. Die Bundesregierung plant lediglich ein Fracking-Moratorium für Schiefer- und Kohleflözgasvorkommen aus unkonventionellen Lagerstätten bis 3.000 Meter Tiefe bis 2021/2022. Allerdings mit einer weiteren Einschränkung: Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sollen zulässig bleiben. Das Moratorium soll 2021 überprüft werden.

Mehr zum Thema

NABU-Pressemitteilung und weitere Informationen
Vereinbarte Eckpunkte von Bundesumweltministerium und Bundeswirtschaftsministerium

2. NABU-Kreuzfahrtranking 2014: Es kommt Bewegung in den Kreuzfahrtmarkt

Am 28. August 2014 stellte der NABU sein aktuelles Kreuzfahrtranking in Hamburg vor. Die Rangliste bewertet die Umweltverträglichkeit einzelner Kreuzfahrtschiffe auf dem europäischen Markt in Bezug auf ihre Abgasemissionen. Die Aufstellung macht deutlich, dass langsam Bewegung in den Markt kommt: Während in den vergangenen Jahren kaum Unterschiede zwischen einzelnen Anbietern auszumachen waren, haben mit AIDA Cruises und Costa Crociere erstmals zwei Reeder den Einsatz von Rußpartikelfiltern auf ihren Schiffen angekündigt. Der überwiegende Teil der Schiffe wird jedoch auch weiterhin über keine oder unzureichende Abgastechnik verfügen. Zudem ist keines der aufgeführten Unternehmen bereit, auf das giftige Schweröl als billigen Treibstoff zu verzichten. Dennoch sollte es in naher Zukunft für die Kunden möglich sein, vergleichsweise sauberen Unternehmen den Vorzug zu geben.
Die Wertung beruht auf Angaben der Reedereien. Da es sich bei den gelisteten Schiffen ausschließlich um Neubauten im Zeitraum von 2014 bis 2019 handelt, bleibt daher zu überprüfen, ob die Anbieter ihren öffentlichen Ankündigungen nachkommen und die Abgasemissionen ihrer Schiffe wie zugesichert reduzieren. Der NABU setzt sich mit der Kampagne "Mir stinkts! Kreuzfahrtschiffe sauber machen!" seit 2011 für ein generelles Schwerölverbot sowie den Einsatz moderner Abgastechnik in der Kreuzschifffahrt ein.

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Weitere Informationen und NABU-Hintergrundpapier

3. Rechtsgutachten bestätigen: Keine rechtlichen Hindernisse für eine Getränkeverpackungssteuer

Um die immer weiter ansteigende Flut von Einwegplastikflaschen auf dem deutschen Getränkemarkt zu beenden, fordert der NABU seit einigen Jahren eine Umweltsteuer auf Getränkeverpackungen. Dadurch sollen Hersteller umweltbelastender Getränkebehältnisse in die Pflicht genommen werden. Einzelne Experten und die Industrie bezweifelten bislang die rechtliche Zulässigkeit der Steuer. Ein Rechtsgutachten von Prof. Arndt Schmehl sowie eine weitere unabhängige juristische Kurzstellungnahme von Prof. Kristian Fischer zu diesem Gutachten stellen nun klar: Einer Getränkeverpackungssteuer steht aus rechtlicher Sicht nichts entgegen! Sie stellt vielmehr eine sinnvolle zusätzliche Ergänzung zum deutschen Einwegpfand dar, welches seine Lenkungswirkung zur Erreichung einer 80 Prozent-Quote von Mehrweg- bzw. ökologisch vorteilhaften Einwegverpackungen im deutschen Getränkehandel verfehlt hat.

Die Gutachten verdeutlichen, dass der Gesetzgeber einen großen rechtlichen Spielraum bei der Einführung einer solchen Umweltsteuer hat. Zudem haben Abfüller und Händler auf dem deutschen und europäischen Getränkemarkt viele Möglichkeiten, auf die Steuer zu reagieren, sei es durch den Austausch von umweltschädlichem Verpackungsmaterial oder durch einen Umstieg auf die Abfüllung in Mehrweggebinden sowie durch einen höheren Einsatz von Sekundärmaterialien. Die Steuer kann klar diskriminierungsfrei gestaltet werden, da es in- und ausländischen Produzenten auf dem europäischen Markt mit im Grundsatz gleichen Wirtschaftsbedingungen möglich ist, Rohstoffe für ihr Verpackungsmaterial zu besorgen.

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NABU-Hintergrundpapier und weitere Informationen zur Getränkeverpackungssteuer

4. NABU startet Projekt zum Kiebitzschutz - Empfehlungen für erfolgreichere Agrarumweltpolitik vorgesehen

Der NABU hat ein fünfjähriges Projekt zum Schutz des Kiebitzes gestartet, das aus Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wird. Der Kiebitz gehört zu den bedrohten Vogelarten, dessen Bestand in den vergangenen 25 Jahren um drei Viertel zurückgegangen ist. Intensive landwirtschaftliche Nutzung, Verlust an extensivem Grünland und veränderte Fruchtfolgen haben zu den dramatischen Rückgängen geführt.

Im Rahmen des Projektes sollen neue Maßnahmen erprobt werden, die den Bruterfolg von Feldvögeln wie dem Kiebitz erhöhen. Hierzu gehört die Schaffung von ungenutzten "Kiebitzinseln" im Acker- und Grünland sowie der Schutz von einzelnen Gelegen. In Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut für Ländliche Räume sollen daraus Empfehlungen für neue EU-Förderprogramme für Landwirte (Agrarumweltmaßnahmen) erarbeitet sowie konkrete Kosten, Auflagen und Kontrollmöglichkeiten für die Naturschutz- und Agrarverwaltung abgeleitet werden.

Das Projekt berücksichtigt dabei die neuen Auflagen und Fördermöglichkeiten der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU (GAP). Doch schon jetzt ist klar, dass die gerade abgeschlossene GAP-Reform keine ausreichenden Beiträge zum Schutz der biologischen Vielfalt leisten wird. Daher ist im Kiebitzprojekt vorgesehen, Empfehlungen für eine erfolgreichere Agrarumweltpolitik im Rahmen der Zwischenbewertung der GAP im Jahr 2017 und für die nächste Reform 2020 zu formulieren.

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Internetseite des Projektes
Studie der Michael-Otto-Stiftung zum Artenverlust in Agrarlandschaften

5. Wie viele Maispollen fressen Schmetterlingsraupen und wie hoch sind Gewässer mit gentechnisch veränderten Maispollen belastet?

Drei Jahre lang ging der NABU gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Hoffmann und anderen Partnern Fragen zur Ausbreitung und Wirkung von Maispollen im Freiland in Brandenburg (Kerkow, Angermünde) nach. Die Studie "Eintrag von Maispflanzenteilen in die Umwelt: Abschätzung der Umweltexposition für die Risikobewertung transgener Pflanzen" setzt sich zunächst mit Maispollen auf Futterpflanzen auseinander. Gentechnisch veränderte Maispollen beinhalten ein Bt-Toxin, das nicht nur für den Schädling (den Maiszünzler), sondern auch für geschützte Schmetterlinge giftig sein kann. Das Risiko für die Schmetterlingsraupen, die die Maispollen als Beifraß mit aufnehmen, hängt von der Dosis ab. Je nachdem, wie gut die Maispollen hängen bleiben, wie klebrig oder haarig die Blätter sind, schwankt die Menge auf den Blättern erheblich. Die abgelagerten Pollen verteilen sich hierbei nicht gleichmäßig, sondern inhomogen über die Blattoberflächen, so dass Teile der Blattflächen mit höheren Pollendichten und andere Teile mit niedrigeren belegt sind. Dies ist wichtig für die Risikoabschätzung von GVO, da Teile der Schmetterlingspopulation auf den Blättern der Futterpflanzen damit erheblich höheren Dosen an Bt-Pollen ausgesetzt sind als im Mittel über das Blatt anzunehmen wären.

Der zweite Teil der Studie beschäftigt sich mit der Wirkung von Maispollen auf Nichtziel-Organismen wie z.B. Fliegenlarven in Gewässerökosystemen. Neuere Untersuchungen weisen Belastungen von Gewässerökosystemen mit Bt-Toxin in den Maisanbaugebieten von Indiana in den USA sowie negative Effekte auf Köcherfliegenlarven nach. Zur Exposition von Wasserorganismen und aquatischen Systemen lagen bisher für Deutschland keine Daten vor. Die vorliegende Untersuchung greift diesen neuen Aspekt in der Risikobewertung von Bt-Mais auf, entwickelt geeignete Methoden zur Quantifizierung des Eintrages von Pollen und Streu in Gewässern und nimmt damit erste Untersuchungen zu einer möglichen Belastung vor.

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Studie zur Umweltbelastung durch Genmais

6. Dialogreise für Meere ohne Plastik

Eine Woche lang, vom 9. bis zum 15. August, segelte der NABU auf dem Traditionssegler "Lovis" entlang der deutschen Ostseeküste und machte auf die zunehmende Belastung der Nord- und Ostsee durch Plastikabfälle aufmerksam. Mit einer Crew aus NABU-Aktiven, Wissenschaftlern und lokalen Akteuren steuerte das Schiff die Stationen Burgstaaken, Neustadt in Holstein, Warnemünde und Stralsund an. Im Mittelpunkt stand der Dialog mit kommunalen Vertretern aus Politik, Tourismus und Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) wurden Ideen entwickelt und Konzepte diskutiert, um vor allem den landseitigen Mülleintrag in die Ostsee zu reduzieren. Die Segelreise war Teil des Projekts "Regionale Maßnahmen gegen Müll in Nord und Ostsee" und wurde mit Mitteln des Umweltbundesamtes (UBA) gefördert.

168 Stunden an Bord der "Lovis", 211 zurückgelegte Seemeilen, 35 NABU-Aktive, zwei Fachgespräche, eine Reinigungsaktion, ein Kinoabend und hunderte Besucher an den NABU-Informationsständen - so die eindrucksvolle Bilanz der Reise. Weitere Höhepunkte waren die gemeinsamen Presseveranstaltungen mit dem Umweltministerium Schleswig-Holstein und dem Deutschen Meeresmuseum (DMM). Während Umweltminister Robert Habeck die finanzielle und inhaltliche Unterstützung der NABU-Initiative "Fishing for Litter" zusagte, wollen NABU und DMM ihre Zusammenarbeit für eine plastikfreie Zukunft der Meere intensivieren. Geplant sind gemeinsame Fachveranstaltungen und thematische Ausstellungskonzepte.

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Weitere Informationen zur NABU-Dialogreise

NABU-Zahl des Monats September:

200 Müllteile auf 100 Metern Strand - Zuviel Plastik landet in der Umwelt
NABU ruft am 20. September zum bundesweiten Küstenputz auf


200 Teile Müll auf 100 Metern Strand finden sich durchschnittlich auf der Ostseeinsel Rügen, auf Fehmarn sind es etwa 90 Teile. Auf beiden Inseln dominiert Plastik als das am häufigsten gefundene Material, darunter vor allem Verpackungsmaterial aus Kunststoff sowie Verschlüsse von Plastikflaschen. Das zeigen die aktuellen Ergebnisse des so genannten Spülsaummonitorings. Dabei untersuchen NABU-Aktive viermal im Jahr Strandabschnitte von 100 Metern Länge. Sie befreien diese von allem mit bloßem Auge erkennbaren Müll. Die Fundstücke werden sortiert und katalogisiert. Beim Sammeln und Erfassen der Abfälle müssen strenge Standards der regionalen Meeresschutzübereinkommen eingehalten werden. Nur so lassen sich verlässliche Daten erheben, die zu politischen Entscheidungen, präventiven Maßnahmen und gesellschaftlichen Veränderungen führen können.

Weniger aufwändig als das systematische Strandmonitoring sind Strandreinigungsaktionen, die NABU-Gruppen ebenfalls durchführen und wo viele Freiwillige willkommen sind. Nächster Termin: Am 20. September ist der International Cleanup Day (ICC). Der NABU ruft zum bundesweiten Küstenputz auf.

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Termine zu Strandreinigungsaktionen und zum Hintergrundpapier

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