Der Virologe Christian Drosten
Der Virologe Christian Drosten hat in einem Gastbeitrag für die "Zeit"
seine Einschätzungen bezüglich einer möglichen zweiten
Corona-Pandemie-Welle niedergeschrieben. Wir müssten uns vor allem
darauf einstellen, dass die zweite Welle eine ganz andere Dynamik haben
werde, so der Forscher. Neue Fälle könnten überall gleichzeitig
auftreten und die personell schlecht ausgestatteten Gesundheitsämter
überfordern.
Er empfiehlt deshalb eine neue Strategie, mit der die Ausbreitung des Coronavirus im
Herbst bekämpft werden soll, vor allem, falls die Ämter überlastet
seien. Die Gesundheitsämter sollten sich demnach auf sogenannte Cluster
konzentrieren, also auf Ereignisse oder Umfelder mit vielen
gleichzeitigen Neuansteckungen. Das kann beispielsweise eine große
Familienfeier sein, eine Schulklasse, ein Großraumbüro oder ein
Fußball-Team.
Inzwischen ist bekannt, dass bei der Ausbreitung des Coronavirus Superspreader-Events
eine wichtige Rolle spielen, bei denen einzelne Infizierte viele andere
anstecken. Das war beispielsweise beim Ausbruch auf dem Tönnies-Schlachthof sowie auf dem Kreuzfahrtschiff "Diamond Princess" der Fall.
Vorbild: Japan
Als positives Beispiel nennt der Virologe in
seinem Gastbeitrag immer wieder Japan, das ebenfalls mit der
Cluster-Strategie erfolgreich war. Japan sei es gelungen, die erste
Welle trotz einer erheblichen Zahl importierter Infektionen ohne einen
Lockdown zu beherrschen, argumentiert Drosten. Die Strategie müsse klug
eingesetzt werden, dann könne man auch hierzulande einen
flächendeckenden Lockdown vermeiden: "Schaut man sich neuere Daten zur
Ausscheidung des Virus an, reicht eine Isolierung der Cluster-Mitglieder
von fünf Tagen, dabei darf das Wochenende mitgezählt werden." Am Ende
der fünf Tage solle man die Cluster-Mitglieder testen - solch eine
pauschale Regelung sei zu verkraften und allemal besser als ein
ungezielter Lockdown.