10/08/2020

Bodenmarkt: 6.000 ha zum Aldipreis


 
Bildquelle: Heil
   
Bodenmarkt: 6.000 ha zum Aldipreis
 
Thüringens Ex-Bauernpräsident verkauft seine Agrargesellschaft an einen Aldi-Erben. Das sorgt für hitzige Diskussionen. Zurecht, sagt top agrar-Chefredakteur Matthias Schulze Steinmann.
 
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Thüringens früherer Bauernpräsident Klaus Kliem hat seine Agrargesellschaft einer privaten Stiftung des Aldi-Erben Theo Albrecht Junior verkauft. Wie der Unternehmenssprecher von Aldi-Nord, Florian Scholbeck, MDR THÜRINGEN bestätigte, übernimmt die Boscor Land- und Forstwirtschafts GmbH die ADIB in Bad Langensalza.
Boscor gehört zur Lucas Stiftung des Aldi Erben Theo Albrecht Junior. Mit einer bewirtschafteten Fläche von rund 6.000 ha ist dies die größte Übernahme eines Agrarbetriebes in Thüringen. Nach MDR-Informationen hat das Geschäft ein Volumen von rund 40 Mio. Euro - darin enthalten ist auch die Übernahme von Altschulden in Millionenhöhe.
Die ADIB bewirtschaftet rund um Bad Langensalza rund 4.000 ha Fläche, davon 1.500 ha im Eigenbesitz, berichtet der Sender. Ebenfalls zur ADIB gehörte die Dröbitschauer Agrargesellschaft in Ostthüringen mit 1.800 ha. Alle rund 60 Gesellschafter der ADIB haben dem Verkauf zugestimmt. Klaus Kliem, der 22 Jahre den Thüringer Bauernverband führte und dessen Ehrenpräsident ist, hatte an der ADIB einen Gesellschafteranteil von 52 %. Auf MDR-Anfrage teilte Kliem mit, man habe sich für den Verkauf an einen finanzstarken Käufer entschieden, um den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens zu sichern.
Der Aldi Nord-Sprecher sagte MDR THÜRINGEN es gehe der Lucas Stiftung von Aldi um eine Investition für die nächsten Generationen. 


ABL fordert Politik zum Handeln auf

Die Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft (Abl) beschäftigt sich schon länger mit Landgrabbing. Als im letzten Jahr die Lucas Stiftung von Aldi die Geithainer Landwirtschaftsgesellschaft kaufte, ebenfalls von der Adib, schrillten bei der Abl die Alarmglocken. Seit Jahren müssen die Klein- und Biobauern zusehen, wie die Landwirtschaft zur Spekulationsmasse wird. Sie fordern in einem Positionspapier eine echte Regulierung des Bodenmarktes. Das heißt zum Beispiel: Ein Genehmigungsverfahren, eine Ausschreibungspflicht und ein Vorkaufsrecht für bäuerliche Betriebe.

Kritik von Agrarminister Hoff (Linke)



Landwirtschaftminister Hoff (Linke) erhebt schwere Vorwürfe an Kliem. (Archivbild) Bildrechte: Benjamin-Immanuel Hoff
Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff (Die Linke) kritisierte am Donnerstag den Verkauf der Agrargesellschaft Adib. Solche Verkäufe seien verantwortlich für den unverhältnismäßigen Anstieg der Bodenpreise, erklärte er. Zudem kritisierte Hoff den Ehrenpräsidenten des Thüringer Bauernverbandes Kliem persönlich, weil der seine privaten Gewinninteressen über die Bedürfnisse des Thüringer Bauernstandes gestellt habe.
Auch der Thüringer Bauernverband (Tbv) kritisierte Kliems Entscheidung. "Als Thüringer Bauernverband hätten wir uns gewünscht, dass das Unternehmen in den Händen von Thüringer Landwirt*innen verbleibt.", so Dr. Klaus Wagner, Präsident des Tbv. Die CDU bezeichnete den Verkauf an die Aldi Stiftung als "ärgerlich" und "unnötig". Die Verlierer seien dabei die Landwirte. Sie laufen Gefahr, einen fairen und bezahlbaren Zugang zu der Ressource zu verlieren, die ihnen das Einkommen sichert, heißt es in einer Stellungnahme. Ob ein Agrarstrukturgesetz, wie nun von fast allen gefordert aber das hält was es verspricht, ist nicht sicher. Es könnte verfassungswidrig sein, sich in private Geschäfte einzumischen, vermutet der Bauernverband.

Hohe Bodenpreise haben Stabilisierung der Adib verhindert

Ländergesetze, selbst wenn sie in ganz Ostdeutschland gelten, könnten den Druck auf andere Regionen in Deutschland erhöhen, vermutet man in den Ländern. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hält sich aber zurück. Das Problem aber sind auch die Größenordnungen der ostdeutschen Landwirtschaft. Die Einheiten sind einfach zu groß und zu unbezahlbar für Neulandwirte. Auch die Adib hatte versucht, sich durch Zukäufe zu stabilisieren. Letztlich aber sind die Bodenpreise davon geeilt und durch die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt werden eben Investoren angelockt. Der Aldi-Sprecher sagte nebenbei im Gespräch mit dem MDR: "Immer noch besser, als wenn die Amerikaner oder Chinesen sich in der deutschen Landwirtschaft einkaufen."