09/01/2019

Giftmüll im Wattenmeer








Lieber Manfred Paukstadt,

Plastikmüll mit jeder Welle: Spielzeugpistolen und -messer, Plastiktüten, Kunstblumen und zahllose Verpackungen – ein Sammelsurium an oft absurden Konsumgütern spült die Nordsee an. Ich stehe am Strand von Borkum und mir blutet das Herz. Im Morgengrauen bin ich mit der ersten Fähre übergesetzt.
Mit mir haben zehn Greenpeace-Ehrenamtliche ihren Urlaub abgebrochen, um vor Ort zu helfen. Ein schwerer Sturm hatte zu Beginn des neuen Jahres die „MSC Zoe“ getroffen, eins der größten Containerschiffe der Welt. 281 Container gingen dabei über Bord, alles in unmittelbarer Nähe des ökologisch sensiblen Wattenmeers. Die meisten der Transportboxen sind weggetrieben und mittlerweile auf den Meeresboden gesunken.



Container mit gefährlichen Chemikalien noch verschollen
Was mich als Greenpeace Chemie-Expertin besonders besorgt: Einer der vermissten Container enthielt 1.400 Kilo Lithium-Batterien, die im Wasser Säure freisetzen und so Meereslebewesen schädigen können. Ein weiterer Container transportierte 25-Kilo-schwere Säcke mit einem gefährlichen Chemikaliengemisch: Peroxide gelten als hautreizend und leicht explosiv, Phthalate schädigen das Hormonsystem und die Fruchtbarkeit. Zwei bereits leere Chemikaliensäcke sind schon auf Borkum angespült worden.

Aber auch die Container mit den „normalen“ Plastik-Gegenständen sind ein Problem – sturmfeste Freiwillige sammeln an den Stränden, was immer die Flut anspült, darunter viele Anwohner, die freiwillige Feuerwehr und Feriengäste. Wir finden beim Aufräumen auch blaues Kunststoff-Granulat, kaum einen halben Zentimeter im Durchmesser. Dieses Mikroplastik macht uns Sorgen. Denn Mikroplastik reichert sich in der Nahrungskette an und ist mittlerweile auch schon im menschlichen Körper nachgewiesen worden. Wer soll diese winzigen Plastikteilchen aus dem Meer fischen, von den Stränden sieben – und was passiert mit all den Meerestieren und Robben vor Borkum, die das winzige Plastik verschlucken können?



Strandgut aus dem Unfall der MSC Zoe: heute Plastik-Pellets, morgen Mikroplastik



Die Schweizer Reederei MSC äußert sich eher ausweichend, man wolle die Kosten für die Ortung der Container und die Strandreinigung übernehmen. Das ist zu wenig.
Greenpeace fordert, dass MSC jeden der 281 Container bergen und den Inhalt fachgerecht entsorgen muss. Doch die Zeit drängt:
Denn letztlich zerreiben Wellen, UV-Licht und Wind den Plastikmüll zu Mikroplastik, das kaum gesammelt werden kann.


Wir bleiben dran
Unsere Greenpeace-Aktivist*innen sind weiterhin auf Borkum, um die Aufräumaktionen zu unterstützen. Wir sind in engem Austausch mit dem Havariekommando, das die Suche koordiniert, und haben unsere Schlauchboote und Schiffe angeboten. Und wir machen politischen Druck:
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) muss dieses Unglück zum Anlass nehmen, sich endlich für verpflichtende Ortungssysteme einzusetzen, mit denen über Bord gegangene Gefahrgut-Container auf See wiedergefunden werden können.







Ihre

Viola Wohlgemuth
Greenpeace-Expertin für Chemie

P.S.: Hand aufs Herz – es geht letztlich nicht nur um ein havariertes Containerschiff. Über kurz oder lang muss sich unser Konsumverhalten ändern. Plastikkram, der um die halbe Welt geschifft wird, bereichert unser Leben nicht wirklich, aber er zerstört nachhaltig die Umwelt!











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