Hier stellt sich eine Partei neu auf. Doch wir fragen uns: Der Anfang wovon?
Lieber Manfred Paukstadt,
„Und das ist erst der Anfang.“ Wer neulich zum Parteitag der Grünen wollte,
kam an diesen großen Lettern nicht vorbei – und sollte gleich merken:
Hier stellt sich eine Partei neu auf. Doch wir fragen uns: Der
Anfang wovon?
Mit Robert Habeck und Annalena Baerbock bilden jetzt ein Realpolitiker und
eine Realpolitikerin den Vorsitz der Partei – anders als früher, als Linke und
„Realos“ zusammen die Spitze stellten. Und jetzt? Gehören die Grünen nun
noch zum linken Lager? Oder verwandeln sie sich in eine Ökopartei der
Mitte?
Diese Frage betrifft nicht nur Grünen-Anhänger/innen: Von Agrarwende über
Bürgerversicherung bis hin zu fairen Steuern – viele der Forderungen, die über
100.000 Campact-Aktive vor der Bundestagswahl formuliert haben[1], bekommen nur
mit einer rot-rot-grünen Regierung eine Chance. Das haben die Verhandlungen zu
Jamaika und der Großen Koalition gerade wieder gezeigt. Und ob
Rot-Rot-Grün in vier oder acht Jahren kommt, entscheidet sich auch daran,
welchen Weg die Grünen gehen.
Selbst, wenn es bei der nächsten Wahl wieder nur für ein Jamaika-Bündnis
reichen sollte: Geben die Grünen dabei nur die Ökopartei, geht das nach
hinten los. Sorgen sie nicht für demokratische Handelsabkommen, fesselt
das ihre Umweltpolitik. Und nehmen sie soziale Gerechtigkeit nicht genauso
ernst, verweigern sich viele Bürger/innen dem ökologischen Umbau. Entscheidend sind also die Inhalte, die die Grünen nach vorne
stellen. Die Diskussion darüber startet genau jetzt. Baerbock und
Habeck wollen sogar ein neues Grundsatzprogramm auflegen. Und beide betonen, wie
wichtig ihnen soziale Bewegungen sind: „Wir müssen wieder raus auf die Straße
und rein in die Gesellschaft.“[2]
Diese Einladung nehmen wir an – und mischen uns in den grünen Neustart ein.
Unser Plan: Sie sagen uns, was Sie von den Grünen erwarten.
Ihre und die Forderungen der anderen Campact-Aktiven übergeben wir dann bei
einem Treffen an die grüne Parteispitze.
Wenn sich Tausende einmischen, haben wir bei Habeck und Baerbock richtig was
in der Hand. Deswegen bitte ich Sie: Seien Sie dabei – und formulieren Sie eine
kurze, persönliche Botschaft an die neue Grünen-Führung. Mitmachen
kostet Sie keine fünf Minuten.
Uns ist wichtig zu betonen: Campact ist eine überparteiliche Bürgerbewegung.
Allein schon, weil die 1,9 Millionen Campact-Aktiven alle möglichen Parteien
wählen. Dennoch glauben wir, dass es uns als große, progressive Bewegung
interessieren muss, wie sich eine der fortschrittlichen Parteien im Parlament
aufstellt. Ob Sie die Grünen wählen oder nicht – mischen auch Sie sich bitte
ein.
Herzliche Grüße Chris Methmann, Teamleiter Kampagnen Felix
Kolb, Campact-Vorstand
PS: Das Beispiel von SPD-Chef Martin Schulz lehrt: Selbst das größte
Aufbruchsignal verpufft, wenn es nicht mit glaubwürdiger Politik unterfüttert
wird. Hier setzen wir an – und legen den Grünen unsere Forderungen auf den
Tisch.
[1] „Aufbruch 2017: Ein
Kompass für progressive Politik“, Campact Blog, 31. Juli 2017[2] „Radikal und staatstragend“, Gespräch mit Annalena
Baerbock und Robert Habeck, Der Spiegel, Ausgabe
6/2018