Persönlicher Brief an den Landesverband
Nicht ausweichen
Ich will mich einer Urwahl stellen.
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
der Landesvorstand hat mich gebeten, mich nicht erst auf dem Parteitag zur Frage einer
Kandidatur bei einer Urwahl zu äußern. Deshalb sage ich jetzt: Ja, wäre heute eine Urwahl,
würde ich mich bewerben. Und so viel in der nächsten Zeit noch passieren kann, ich gehe
davon aus, dass ich mich 2016 bewerben werde, wenn die Lage in Kiel oder Berlin ungefähr
der heutigen entspricht. Das heißt nun wiederum nicht, dass ich morgen anfange, Plakate zu
kleben oder Kampagne zu machen. Ich sage zu einer Frage Ja, die an mich herangetragen
worden ist und jetzt wissen alle, woran sie sind und können sich wieder auf ihre Arbeit
konzentrieren. Und viele offene Punkte, was das alles bedeutet, welche anderen Fragen,
Konflikte und Lösungen es gibt, werden wir gemeinsam bis dahin lösen können.
Wiederaufruf 2016.
Um weiteren Spekulationen vorzubeugen, sage ich Euch klipp und klar: Man muss nicht für
den Bundesvorsitz kandidieren, um sich solche Gedanken zu machen. Ich werde im Herbst
als grüner Minister zur BDK fahren und eben nicht als BuVo-Kandidat. Und ich werde meinen
Job hier fertig machen. Ich habe Verantwortung übernommen, ich bin und bleibe mit
ganzem Herzen Minister. Aber eben einer, der sich auch Gedanken über Deutschland und
die Rolle seiner Partei macht.
Warum sage ich Ja? Alternativen entstehen, indem man sie sucht. Und eine Urwahl braucht
Kandidaten – damit die Partei die Wahl hat. Aber nicht nur ich muss mich entscheiden. Auch
Ihr müsst in den kommenden Monaten eine Entscheidung treffen. Und gemeinsam müssen
wir entscheiden, ob wir das Risiko eingehen, Politik auch weiter zu verändern – nicht nur ihre
Inhalte, sondern auch die ganze Art. Viele von Euch und sicher einige in der Bundespartei hat
mein offener Umgang mit einer möglichen Kandidatur bei einer Urwahl der Grünen
überrascht und ich weiß, dass ich damit einigen Scherereien verursacht habe. Leute fragten
mich, warum ich das jetzt sage, jetzt, wo doch eigentlich alles so gut läuft in Schleswig-
Holstein, und was ich eigentlich vor habe. Aber genau das ist mein Motiv: Alle Ideen, Werte,
Meinungen scheinen derzeit so austauschbar, verhandelbar, weg-koalierbar. Klimaschutz,
Atomausstieg, die Einheit Europas, Mare Nostrum - es wird entschieden nach dem, was
mehrheitsfähig ist. Politik in Deutschland ist in der dritten Legislatur Merkel tatsächlich zu
einem Land der Alternativlosigkeit in der Debattenkultur geworden. Es ist diese grassierende
politische Entmündigung, das Um-den-heißen-Brei herumreden, ja das Einnisten im Vagen,
das scheinbar so erfolgreich ist, das aber eine Gesellschaft entmutigt. Das müssen wir doch
auskontern. Deshalb habe ich in den letzten Wochen agiert, wie ich agiert habe. Deshalb
habe ich eben nicht „Nein“ gesagt auf die Frage, ob ich mich bei einer Urwahl bewerben
würde. Denn Nein wäre nicht Absage, sondern Aufgabe, wäre Alternativlosigkeit. Und
deshalb sage ich jetzt Ja, weil ein Offenhalten, „auf den rechten Zeitpunkt warten“, den
Moment nur immer weiter hinaus schiebt, in dem wir uns aufraffen.
Ich bin überzeugt davon, dass wir Grüne genau dafür da sind oder wieder da sein sollten:
Dass wir nicht ausweichen, nicht die ausgetretenen Pfade trampeln, nicht die Rituale pflegen,
nicht Dinge tun, weil sie nun mal immer so getan wurden. Nein: Wir müssen die Probleme
benennen. Wir müssen um die Lösungen ringen. Wir müssen unsere Angebote in die Mitte
der Gesellschaft tragen. Und dann können wir die Wirklichkeit verändern. Dann gestalten wir
sowohl pragmatisch wie auch seriös Politik – wir hier jeden Tag. Wir regieren erfolgreich und
gehen auch große Veränderungen an. Wir konsolidieren den Haushalt und sorgen trotzdem
für Gerechtigkeit und Innovationen. Wir bauen die Stromtrassen für die Energiewende, nicht
mit Basta und Hauruck, sondern über Beteiligung und offener Suche nach den besten Ideen.
Wir nehmen die Dinge ernst und sind doch fröhlich. Wir leben und formulieren eine neue
Perspektive des Miteinanders, einen Politikstil, der nicht andere Akteure verletzt, sondern
der viele zum Mitmachen animiert, ein Stil, der den Menschen die Angst vor Entscheidungen
nimmt, weil er Fehler als menschlich und deshalb als möglich annimmt, ein Stil, der nicht von
der moralischen Kanzel der Gutmenschen argumentiert, sondern sich mit den Argumenten
der politischen Gegner ernsthaft auseinander setzt, nicht vom hohen Amtsschimmel herab,
sondern mit ein bisschen Rock´n´Roll und mit Spaß und freudvoll.
Wir wollten nie nur einen Ton beisteuern zum Akkord der Alternativlosigkeit. Wir Grünen
wollten immer den Grundton der Politik ändern. Und ich persönlich will meinen Teil dazu
leisten. Gerade weil ich sehe und erlebe, was es bedeutet, gestalten zu können, will ich
mithelfen, dass das auch im Bund gelingt. Und gerade weil ich oft an Grenzen der Gestaltung
stoße, weil die Gewalt in Berlin oder Brüssel liegt, will ich versuchen, dort einen Fuß in die
Tür zu bekommen.
In den letzten Wochen habe ich mich gegenüber der Presse nicht mehr zu der
Spitzenkandidatur geäußert. Eigentlich wollte ich Euch in meiner Bewerbungsrede zum
Parteirat meine Überlegungen erläutern und mit Euch diskutieren, wie und ob wir das
gemeinsam hinbekommen. Aber viele von uns sind ebenfalls bereits sehr mit der Aufstellung
für 2017 beschäftigt. Viele von uns verlangen jetzt Klarheit und eine Entscheidung von mir.
Eine letzte Sicherheit kann ich jedoch auch nicht geben. Weder weiß ich sicher, ob es eine
Urwahl gibt, noch wann und schon gar nicht, ob ich sie gewinne. Sollte ich das Ding aber
gewinnen, dann werde ich im Landtagswahlkampf 2017 helfen können wie nie zuvor. Dann
wird die Wahl in Schleswig-Holstein zur Abstimmung über grüne Politik insgesamt, noch
mehr als sonst zum Testlauf für den Bund als ohnehin.
Und so richtet sich diese Ankündigung einer Bewerbung auch gegen niemanden. Ich schätze
die Menschen, von denen es jetzt heißt, dass ich sie herausfordere, sehr – als Menschen wie
als Politiker. Ich weiß mit Sicherheit nicht alles besser. Ich habe nicht auf alles eine Antwort.
Es geht mir auch überhaupt nicht um Kritik. Im Gegenteil. Ich wünsche mir und werde alles
dafür tun, dass wir gut und eng zusammen arbeiten, gemeinsam Positionen entwickeln und
dann für diese Positionen streiten. Aber es geht mir um eine andere Art von Dynamik, um
eine selbstkritische Reflexion. Mir geht es darum, dass wir wieder die großen Fragen stellen
und die großen Bögen spannen und mir geht es um eine Politik, die wieder in Alternativen
denkt und die uns Grüne damit weiter für die Gesellschaft öffnet.
Robert
Nicht ausweichen
Ich will mich einer Urwahl stellen.
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
der Landesvorstand hat mich gebeten, mich nicht erst auf dem Parteitag zur Frage einer
Kandidatur bei einer Urwahl zu äußern. Deshalb sage ich jetzt: Ja, wäre heute eine Urwahl,
würde ich mich bewerben. Und so viel in der nächsten Zeit noch passieren kann, ich gehe
davon aus, dass ich mich 2016 bewerben werde, wenn die Lage in Kiel oder Berlin ungefähr
der heutigen entspricht. Das heißt nun wiederum nicht, dass ich morgen anfange, Plakate zu
kleben oder Kampagne zu machen. Ich sage zu einer Frage Ja, die an mich herangetragen
worden ist und jetzt wissen alle, woran sie sind und können sich wieder auf ihre Arbeit
konzentrieren. Und viele offene Punkte, was das alles bedeutet, welche anderen Fragen,
Konflikte und Lösungen es gibt, werden wir gemeinsam bis dahin lösen können.
Wiederaufruf 2016.
Um weiteren Spekulationen vorzubeugen, sage ich Euch klipp und klar: Man muss nicht für
den Bundesvorsitz kandidieren, um sich solche Gedanken zu machen. Ich werde im Herbst
als grüner Minister zur BDK fahren und eben nicht als BuVo-Kandidat. Und ich werde meinen
Job hier fertig machen. Ich habe Verantwortung übernommen, ich bin und bleibe mit
ganzem Herzen Minister. Aber eben einer, der sich auch Gedanken über Deutschland und
die Rolle seiner Partei macht.
Warum sage ich Ja? Alternativen entstehen, indem man sie sucht. Und eine Urwahl braucht
Kandidaten – damit die Partei die Wahl hat. Aber nicht nur ich muss mich entscheiden. Auch
Ihr müsst in den kommenden Monaten eine Entscheidung treffen. Und gemeinsam müssen
wir entscheiden, ob wir das Risiko eingehen, Politik auch weiter zu verändern – nicht nur ihre
Inhalte, sondern auch die ganze Art. Viele von Euch und sicher einige in der Bundespartei hat
mein offener Umgang mit einer möglichen Kandidatur bei einer Urwahl der Grünen
überrascht und ich weiß, dass ich damit einigen Scherereien verursacht habe. Leute fragten
mich, warum ich das jetzt sage, jetzt, wo doch eigentlich alles so gut läuft in Schleswig-
Holstein, und was ich eigentlich vor habe. Aber genau das ist mein Motiv: Alle Ideen, Werte,
Meinungen scheinen derzeit so austauschbar, verhandelbar, weg-koalierbar. Klimaschutz,
Atomausstieg, die Einheit Europas, Mare Nostrum - es wird entschieden nach dem, was
mehrheitsfähig ist. Politik in Deutschland ist in der dritten Legislatur Merkel tatsächlich zu
einem Land der Alternativlosigkeit in der Debattenkultur geworden. Es ist diese grassierende
politische Entmündigung, das Um-den-heißen-Brei herumreden, ja das Einnisten im Vagen,
das scheinbar so erfolgreich ist, das aber eine Gesellschaft entmutigt. Das müssen wir doch
auskontern. Deshalb habe ich in den letzten Wochen agiert, wie ich agiert habe. Deshalb
habe ich eben nicht „Nein“ gesagt auf die Frage, ob ich mich bei einer Urwahl bewerben
würde. Denn Nein wäre nicht Absage, sondern Aufgabe, wäre Alternativlosigkeit. Und
deshalb sage ich jetzt Ja, weil ein Offenhalten, „auf den rechten Zeitpunkt warten“, den
Moment nur immer weiter hinaus schiebt, in dem wir uns aufraffen.
Ich bin überzeugt davon, dass wir Grüne genau dafür da sind oder wieder da sein sollten:
Dass wir nicht ausweichen, nicht die ausgetretenen Pfade trampeln, nicht die Rituale pflegen,
nicht Dinge tun, weil sie nun mal immer so getan wurden. Nein: Wir müssen die Probleme
benennen. Wir müssen um die Lösungen ringen. Wir müssen unsere Angebote in die Mitte
der Gesellschaft tragen. Und dann können wir die Wirklichkeit verändern. Dann gestalten wir
sowohl pragmatisch wie auch seriös Politik – wir hier jeden Tag. Wir regieren erfolgreich und
gehen auch große Veränderungen an. Wir konsolidieren den Haushalt und sorgen trotzdem
für Gerechtigkeit und Innovationen. Wir bauen die Stromtrassen für die Energiewende, nicht
mit Basta und Hauruck, sondern über Beteiligung und offener Suche nach den besten Ideen.
Wir nehmen die Dinge ernst und sind doch fröhlich. Wir leben und formulieren eine neue
Perspektive des Miteinanders, einen Politikstil, der nicht andere Akteure verletzt, sondern
der viele zum Mitmachen animiert, ein Stil, der den Menschen die Angst vor Entscheidungen
nimmt, weil er Fehler als menschlich und deshalb als möglich annimmt, ein Stil, der nicht von
der moralischen Kanzel der Gutmenschen argumentiert, sondern sich mit den Argumenten
der politischen Gegner ernsthaft auseinander setzt, nicht vom hohen Amtsschimmel herab,
sondern mit ein bisschen Rock´n´Roll und mit Spaß und freudvoll.
Wir wollten nie nur einen Ton beisteuern zum Akkord der Alternativlosigkeit. Wir Grünen
wollten immer den Grundton der Politik ändern. Und ich persönlich will meinen Teil dazu
leisten. Gerade weil ich sehe und erlebe, was es bedeutet, gestalten zu können, will ich
mithelfen, dass das auch im Bund gelingt. Und gerade weil ich oft an Grenzen der Gestaltung
stoße, weil die Gewalt in Berlin oder Brüssel liegt, will ich versuchen, dort einen Fuß in die
Tür zu bekommen.
In den letzten Wochen habe ich mich gegenüber der Presse nicht mehr zu der
Spitzenkandidatur geäußert. Eigentlich wollte ich Euch in meiner Bewerbungsrede zum
Parteirat meine Überlegungen erläutern und mit Euch diskutieren, wie und ob wir das
gemeinsam hinbekommen. Aber viele von uns sind ebenfalls bereits sehr mit der Aufstellung
für 2017 beschäftigt. Viele von uns verlangen jetzt Klarheit und eine Entscheidung von mir.
Eine letzte Sicherheit kann ich jedoch auch nicht geben. Weder weiß ich sicher, ob es eine
Urwahl gibt, noch wann und schon gar nicht, ob ich sie gewinne. Sollte ich das Ding aber
gewinnen, dann werde ich im Landtagswahlkampf 2017 helfen können wie nie zuvor. Dann
wird die Wahl in Schleswig-Holstein zur Abstimmung über grüne Politik insgesamt, noch
mehr als sonst zum Testlauf für den Bund als ohnehin.
Und so richtet sich diese Ankündigung einer Bewerbung auch gegen niemanden. Ich schätze
die Menschen, von denen es jetzt heißt, dass ich sie herausfordere, sehr – als Menschen wie
als Politiker. Ich weiß mit Sicherheit nicht alles besser. Ich habe nicht auf alles eine Antwort.
Es geht mir auch überhaupt nicht um Kritik. Im Gegenteil. Ich wünsche mir und werde alles
dafür tun, dass wir gut und eng zusammen arbeiten, gemeinsam Positionen entwickeln und
dann für diese Positionen streiten. Aber es geht mir um eine andere Art von Dynamik, um
eine selbstkritische Reflexion. Mir geht es darum, dass wir wieder die großen Fragen stellen
und die großen Bögen spannen und mir geht es um eine Politik, die wieder in Alternativen
denkt und die uns Grüne damit weiter für die Gesellschaft öffnet.
Robert