12/03/2015

BfN Pressemitteilung

BfN Pressemitteilung

Bonn, 12. März 2015: Der Klimawandel beeinflusst Fauna und Flora. Für
viele Arten macht er Anpassungen an veränderte Umweltbedingungen
notwendig. Aber nicht jede Art wird sich tatsächlich anpassen können.
Deshalb gehen Wissenschaftler davon aus, dass in den nächsten Jahrzehnten
mit einem deutlichen Verlust einheimischer Arten in Deutschland zu
rechnen ist. Schätzungen zufolge wird der Verlust zwischen fünf und 30
Prozent betragen.

"Damit wir effektive Maßnahmen zur Verminderung negativer Folgen des
Klimawandels auf die biologische Vielfalt planen und durchführen können,
müssen wir die Anpassungskapazität einer Art verlässlich abschätzen
können. Das heißt, wir müssen wissen, ob und auf welche Weise eine Art
auf die Veränderungen reagieren kann", erklärte Prof. Beate Jessel,
Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Eine vom BfN
finanzierte Studie unter Leitung der Universität Greifswald
(Arbeitsgruppe Prof. Dr. Gerald Kerth) nahm deshalb 50 ausgewählte
Hochrisiko-Arten und damit naturschutzfachlich wichtige Tierarten in den
Fokus, denen eine Gefährdung durch den Klimawandel attestiert worden war.
Veröffentlicht wurde die Studie jetzt unter dem Titel
"Anpassungskapazität naturschutzfachlich wichtiger Tierarten" als 139.
Band der Reihe "Naturschutz und Biologische Vielfalt".

Viele der 50 untersuchten Arten reagieren sensibel auf die direkten und
indirekten Folgen des Klimawandels. Ihre Fähigkeit zur Anpassung
(Anpassungskapazität) ist oft eingeschränkt, so dass die meisten von
ihnen ein sehr hohes Aussterbe-Risiko in Deutschland aufweisen. So
bedrohen direkte Temperatureinflüsse besonders kaltwasserliebende Fisch-
und Krebsarten wie Äsche und Edelkrebs. Die Austrocknung ihrer zumeist an
feuchte Bedingungen gebundenen Lebensräume ist für fast alle untersuchten
Arten ein Problem. Stellvertretend stehen hier Gelbbauchunke,
Zwerglibelle und Schwarzer Grubenlaufkäfer. Da sich viele Insektenarten
von einer oder nur wenigen Pflanzenarten ernähren, leiden diese besonders
unter den negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Raupenpflanzen.
Betroffen sind vor allem Schmetterlinge wie der Blauschillernde
Feuerfalter. Neben der eingeschränkten Anpassungsfähigkeit besitzen die
meisten der untersuchten Arten auch nur eine geringe
Ausbreitungsfähigkeit. Besonders viele Hochrisiko-Arten leben in Mooren,
Quellen, feuchtem Grünland und Fließgewässern. Viele sind zudem auf
strukturreiche, alte Laubwälder mit einem hohen Anteil an Totholz
angewiesen.

"Um die Auswirkungen des Klimawandels auf die biologische Vielfalt
deutlich zu reduzieren, müssen die typischen Lebensräume von
Hochrisiko-Arten, insbesondere Feuchthabitate und Laubwälder, optimiert
werden. Nur so können die Tierarten vor Ort den zusätzlichen Stress in
Folge des Klimawandels besser tolerieren", sagte BfN-Präsidentin Jessel.
Bei der Optimierung von Lebensräumen sind Maßnahmen besonders wichtig,
die den Wasserhaushalt verbessern und den Strukturreichtum fördern.
"Wesentlich ist auch der Aufbau eines funktionierenden Biotopverbunds,
der sowohl groß- als auch kleinräumig wirksam ist, um Arten die
Ausbreitung und damit Anpassung zu ermöglichen", forderte die
BfN-Präsidentin.

Hintergrund
Im Rahmen der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt hat sich
Deutschland zum Ziel gesetzt, die Auswirkungen des Klimawandels auf die
biologische Vielfalt abzupuffern bzw. zu minimieren. Die "Deutsche
Anpassungsstrategie an den Klimawandel" formuliert als Ziele, die
"Verwundbarkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels" abzumindern und
die Anpassungsfähigkeit natürlicher Systeme zu erhalten oder zu steigern.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf einzelne Arten sind allerdings sehr
schwer prognostizierbar. Denn Arten besitzen sehr unterschiedliche
Anpassungskapazitäten und antworten dementsprechend auf sehr
unterschiedliche Art und Weise auf den Klimawandel - durch direkte
Reaktionen, beispielsweise kurzfristige physiologische Reaktionen mit
Änderung der Hitzetoleranz, durch genetische Anpassung oder durch die
Verlagerung von Verbreitungsgebieten. Sind Arten nicht in der Lage, sich
auf diese Weise anzupassen, ist deren Aussterben sehr wahrscheinlich.

Bezug
Der Band 139 aus der Reihe Naturschutz und Biologische Vielfalt kann über
den BfN-Schriftenvertrieb im Landwirtschaftsverlag Münster-Hiltrup
www.buchweltshop.de/bfn oder über den Buchhandel bezogen werden.

Anpassungskapazität naturschutzfachlich wichtiger Tierarten an den
Klimawandel. Bundesamt für Naturschutz, Bonn - Bad Godesberg 2014: 511
Seiten Preis 39,00 EUR (ggf. zzgl. Versandkosten).
ISBN 978-3-7843-4039-5

Diese Pressemitteilung finden Sie auch unter:
http://www.bfn.de/0401_pm.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=5376


Hrsg: Bundesamt für Naturschutz
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