04/02/2015

BfN Pressemitteilung

BfN Pressemitteilung

Berlin/Bonn, 4. Februar 2015: Intakte Gewässer und Auen sind nicht nur
von ökologischem Wert. Sie bringen der Gesellschaft vielfältigen Nutzen
in Millionenhöhe. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Universität
Greifswald, die das Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben
hatte. Nachzulesen ist sie in der neuen Broschüre "Gewässer und Auen -
Nutzen für die Gesellschaft" des BfN.

Auch wenn sie oftmals im Verborgenen liegen, sind die Leistungen der
Gewässer und ihrer Auen immens:
- Flussauen bieten natürlichen Hochwasserschutz.
- Naturnahe Gewässer verbessern die Wasserqualität und halten Nährstoffe
aus der Landwirtschaft sowie Treibhausgase zurück.
- Moorreiche und nasse Flussniederungen tragen zum Klimaschutz bei.

"Die Beispiele zeigen, dass naturnahe Auenlandschaften einen enormen
Gewinn für die Gesellschaft bringen. Der monetär messbare Wert in
Verbindung mit dem erlebbaren Freizeit- und Erholungswert unterstreicht
ihre Bedeutung. Deshalb ist eine umfassende ökonomische Betrachtung von
Maßnahmen zum Gewässer- und Auen-Schutz sinnvoll", sagte BfN-Präsidentin
Prof. Beate Jessel anlässlich der Vorstellung der Broschüre. "Die Studie
legt nahe, dass Gewässer und ihre Auen künftig noch stärker zu
Schwerpunkträumen von Renaturierungen werden sollten. Das bedeutet auch,
dass wir in Deutschland künftig mehr naturverträgliche
Hochwasserschutzmaßnahmen umsetzen müssen."

Bei jedem großen Hochwasserereignis zeigt sich die Bedeutung der Auen. Wo
Wiesen und Wälder großflächig überflutet werden können, sinkt das
Risiko,
dass Menschen in Gefahr geraten und in Ortslagen Schäden in Millionenhöhe
entstehen. Naturverträgliche Hochwasserschutzmaßnahmen können die
Schutzwirkung und den Nutzen von Auen künftig sogar noch steigern: Die
Studie belegt, dass der Wert der Hochwasserschutzwirkung bei großräumigen
Deichrückverlegungen, beispielsweise an der Elbe, mehr als 100 Millionen
Euro betragen kann.

Moorreiche und nasse Flussniederungen sind auch im Klimaschutz von
Bedeutung. Maßnahmen wie die "Wiedervernässung" trockengelegter Gebiete
rechnen sich auch volkswirtschaftlich. So lässt sich durch eine
Wiedervernässung von 30.000 Hektar Moorfläche in Mecklenburg-Vorpommern
eine Verminderung von Treibhausgasen im Wert von 33,6 Millionen Euro
jährlich erreichen. Gegenüber anderen Maßnahmen zur Reduktion von
Treibhausgasen sind Moorrenaturierungen konkurrenzlos günstig. Die Kosten
liegen in den in der Studie betrachteten Fällen zwischen null und 15 Euro
pro eingesparter Tonne CO2. Im Vergleich dazu kostet ein reduzierter
Ausstoß von Treibhausgasen durch den Einsatz von Wasser- und Windkraft 22
bis 70 Euro pro Tonne CO2, bei Biomasse liegt der Betrag bei bis zu 459
Euro.

Rechnet man weitere Leistungen naturnaher Gewässer und Auen wie die
Wasserreinigung und den Erholungsnutzen dazu, fällt die ökonomische
Bilanz noch positiver aus. Die natürliche Filterfunktion von Auen bringt
Kosteneinsparungen in Millionenhöhe. Intakte Feuchtgebiete und Auen
mindern den Stickstoff- und Phosphoreintrag in die Gewässer und das
Grundwasser. Damit tragen sie erheblich zur Reinhaltung der Gewässer und
des Trinkwassers bei. Kostenaufwändige technische Maßnahmen zur
Wasserreinhaltung und Wasseraufbereitung können so verringert werden.
Auch die Nord- und Ostsee, die immer wieder unter den Folgen einer
Überdüngung leiden, profitieren von dem zusätzlichen Rückhalt von
Nährstoffen. Der Freizeit- und Erholungsnutzen attraktiver
Flusslandschaften beträgt auf regionaler Ebene, beispielsweise im
Spreewald, jährlich bis zu mehreren Millionen Euro. Mit der zunehmenden
Nachfrage nach Erholung in der Natur, sportlicher Betätigung und
Naturerleben steigen in Deutschland auch die Ausgaben für Unterkunft,
Verpflegung und Freizeitangebote in der Region. Von diesem Nutzen
profitieren Kommunen und Gemeinden und damit deren Bewohnerinnen und
Bewohner direkt.

Die Beispiele in der Studie zeigen, dass die Bereitstellung öffentlicher
Gelder und öffentlicher Flächen für die Renaturierung von Gewässern und
Auen eine langfristige Investition in die Zukunft ist. "Je eher wir mit
der Renaturierung von Flüssen und Auen beginnen, desto höher ist die
Rendite für die Gesellschaft. Schon heute würde naturnahen Varianten
öfter der Vorzug gegeben, wenn das Naturkapital von Gewässern und Auen in
die Abwägung der Planungsvarianten einbezogen würde. Die
gesellschaftliche Akzeptanz für ein solches Vorgehen ist vorhanden, wie
wir aus repräsentativen Bevölkerungsumfragen zum Naturbewusstsein
wissen", sagte Beate Jessel. Dabei muss den Landnutzern eine ökonomisch
tragfähige Perspektive geboten werden. Für Land- und Forstwirtschaft muss
es sich lohnen, Auen naturverträglich zu nutzen und neben land- und
forstwirtschaftlichen Produkten zukünftig vermehrt eine hohe Arten- und
Lebensraumvielfalt zu "produzieren" und einen Beitrag zum Hochwasser- und
Klimaschutz zu erbringen.

"Die Zeit ist also reif, von modellhaften Einzelmaßnahmen zu einer
großräumigen Umsetzung von Gewässer- und Auenrenaturierungen zu kommen.
Wir verstehen die Ergebnisse der Studie auch als Aufforderung an die
Politik zum Handeln", erklärte die Präsidentin des Bundesamtes für
Naturschutz.

Bezug
Die Broschüre "Gewässer und Auen - Nutzen für die Gesellschaft" kann
kostenlos unter
Natur-und-Nutzung@BfN.de bestellt werden. Sie ist außerdem unter
www.bfn.de/0324_veroeffentlichung_download.html als Download verfügbar.

Diese Pressemitteilung finden Sie auch unter:
http://www.bfn.de/0401_pm.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=5335


Hrsg: Bundesamt für Naturschutz
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