BfN Pressemitteilung
Bonn, 24.4.2015: Die Kartierung von 80 Millionen
Brutpaaren und damit
mehr als 400.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit stecken
in "ADEBAR", dem
neuen Atlas Deutscher Brutvogelarten. Damit liefert das Werk
einen
umfassenden Datenfundus zu allen 280 in Deutschland brütenden
Vogelarten.
Es belegt dabei unter anderem, dass Buchfink und Amsel die
häufigsten
Arten sind. Vorgestellt wurde der Brutvogelatlas heute von der
Stiftung
Vogelwelt Deutschland und dem Dachverband Deutscher Avifaunisten in
Bonn.
Das 800-seitige Werk entstand in mehr als zehnjähriger Arbeit
und
beschreibt die Verbreitung aller in Deutschland
auftretenden
Brutvogelarten. ADEBAR ist nicht nur das Ergebnis eines der
größten
Kartiervorhaben, zu dem jemals in Deutschland zur Mitarbeit
aufgerufen
wurde. Dem Projekt wurde eine Begeisterung entgegengebracht, die
alle
Erwartungen übertraf: Mehr als 4000 Ehrenamtliche beteiligten sich an
den
Bestandserhebungen. Im Durchschnitt steuerten jede Mitarbeiterin
und
jeder Mitarbeiter deutlich mehr als 100 Stunden Feldarbeit bei.
Rund
600.000 ausgewertete Datensätze, die auf mehr als vier
Millionen
kartierten Vogelrevieren basieren, liegen den
Verbreitungskarten
zugrunde. "Ich bin beeindruckt, zu welchen Leistungen
die
Bürgerwissenschaft, neudeutsch auch 'Citizen Science' genannt, fähig
ist.
Dank dieses enormen Engagements steht uns jetzt ein Datenfundus
zur
Verfügung, der umfassend Auskunft über den Zustand der Natur gibt
und
unverzichtbare naturschutzrelevante Erkenntnisse liefert", erklärte
Prof.
Beate Jessel. Die Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz
(BfN)
erwies allen Beteiligten an dem Mammutprojekt größte Anerkennung, als
sie
das Werk im Rahmen einer Festveranstaltung im
Zoologischen
Forschungsmuseum Alexander Koenig in Empfang nahm.
Auch
die "nackten Zahlen" zur Bestandssituation der heimischen Vogelarten
sind
beeindruckend: Aktuell brüten 280 Vogelarten in Deutschland, davon
regelmäßig
248 einheimische Arten. Der Rest verteilt sich auf
unregelmäßig brütende oder
gebietsfremde Vogelarten. Insgesamt brüten
hierzulande rund 80 Millionen
Vogelpaare. Damit entfällt auf jeden
Einwohner Deutschlands ein Vogelpaar.
Die mit Abstand häufigsten Arten
sind Buchfink und Amsel mit jeweils über
acht Millionen Paaren, gefolgt
von der Kohlmeise mit mehr als fünf Millionen
Paaren. Zusammen mit 19
weiteren Arten, deren Bestände über eine Million
Paare erreichen, machen
sie 80 Prozent aller in Deutschland brütenden Vögel
aus. Diese Arten sind
nicht nur sehr häufig, sondern auch weit verbreitet.
Etwa ein Fünftel
aller einheimischen Brutvogelarten besiedelt mehr als 90
Prozent der
Landfläche Deutschlands. Auf der anderen Seite stehen mit knapp
100 Arten
etwa doppelt so viele, die auf weniger als zehn Prozent der
Landesfläche
brüten. Davon sind viele Arten stark gefährdet, wie der
Seggenrohrsänger,
dessen Bestände sehr stark abgenommen haben und nur
mithilfe sehr großer
Schutzanstrengungen vor dem Erlöschen bewahrt werden
können.
"ADEBAR versetzt uns erstmals in die Lage, Veränderungen des
Brutareals
von Vogelarten seit etwa Mitte der 1980er-Jahre sichtbar werden
zu
lassen. Gleichermaßen beeindruckend wie alarmierend ist die
Erkenntnis,
wie sensibel Vogelarten auf Veränderungen in ihren
Brutlebensräumen
reagieren können", wies Dr. Kai Gedeon, Vorsitzender der
Stiftung
Vogelwelt, auf die überraschend große Populationsdynamik einzelner
Arten
hin. "Die Art mit der größten Bestandsabnahme seit Mitte der
1980er-Jahre
ist das Rebhuhn, die Art mit den größten Arealverlusten die
Haubenlerche,
dicht gefolgt vom Vogel des Jahres 2013, der Bekassine. Es gibt
aber auch
positive Entwicklungen: Das Schwarzkehlchen hat sich stark
ausgebreitet",
bilanzierte Gedeon. Insgesamt überwiegt aber der Anteil an
Arten, deren
Brutareal schwindet.
"Offenkundig ist, dass viele Arten
der Agrarlandschaft weite Bereiche des
noch in den 1980er- Jahren besiedelten
Brutareals geräumt haben", betonte
Bernd Hälterlein, Vorsitzender des
Dachverbandes Deutscher Avifaunisten.
Betroffen sind vor allem Arten des
Feuchtgrünlandes, aber auch solche des
zunehmend industriell bewirtschafteten
Ackerlandes. Uferschnepfe und
Wiesenpieper haben bereits viele Brutgebiete
aufgrund Entwässerung,
Grünlandumbruch und der Intensivierung der
Grünlandnutzung aufgegeben.
Die Bestände vieler auf dem Boden brütenden
Feldvögel, wie Kiebitz und
Feldlerche, sind vor allem im zurückliegenden
Jahrzehnt stark
zurückgegangen. Regional oder lokal sind auch diese Arten
bereits aus der
Landschaft verschwunden. Hälterlein forderte: "Der sich in
den letzten
Jahren beschleunigende Niedergang auch ehemals häufiger
Vogelarten der
Normallandschaft - also in Allerweltslebensräumen jenseits der
großen
Naturschutzgebiete oder Nationalparks - muss allen
gesellschaftlichen
Akteuren eine Verpflichtung sein, umgehend
gegenzusteuern."
"Vogelarten sind darüber hinaus ausgezeichnete
Indikatoren, mit deren
Hilfe sich stellvertretend die Entwicklung der
Artenvielfalt und die
Landschaftsqualität messen lassen. Geht es ihnen
schlecht, so sind auch
viele andere Tiergruppen betroffen", erklärte
BfN-Präsidentin Prof.
Jessel und forderte mehr Weitblick bei der Nutzung
unserer natürlichen
Ressourcen ein. "Die aktuellen Befunde verpflichten uns -
abseits
dringend notwendiger Analysen - dazu, nun auch Taten folgen zu
lassen, um
den Erhaltungszustand unserer Vogelwelt deutlich zu
verbessern."
Anderenfalls drohe ein dramatischer Verlust an Artenvielfalt,
der weit
über das Verschwinden einzelner Vogelarten hinausgehe. Der neue
Atlas
deutscher Brutvogelarten bietet hierfür belastbare Informationen
und
ausgezeichnete Argumentationshilfen.
Informationen zum "Atlas
Deutscher Brutvogelarten"/ Bezug:
Format ca. 24,5 x 32,5 cm, gebunden,
durchgehend 4-farbig, umfassende
Informationen zur Brutverbreitung und zur
Bestandsentwicklung zu 311
Brutvogelarten mit Verbreitungskarten.
Illustrationen von Paschalis
Dougalis, einführende Kapitel,
Literaturverzeichnis, Namen aller
Mitarbeiter, 800 Seiten.
ISBN-13:
978-3981554335
Preis: 98,00 Euro.
Das Buch kann online bestellt
werden unter: www.dda-web.de
Eine
Leseprobe gibt es unter: www.dda-web.de/downloads/adebar/
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